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Sommer

Sicherheit in den Bergen im Sommer

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10. September 2024

Im folgenden Interview geht es um das Thema Sicherheit in den Bergen im Sommer. Wir haben Rolf Sägesser, Bergführer, Erlebnispädagoge und Fachleiter Ausbildung Sommer beim Schweizer Alpen-Club SAC, zu seinen Erfahrungen und Empfehlungen befragt. Rolf Sägesser ist Vorsitzender der Fachgruppe Sicherheit im Bergsport und ist als Bergführer verschiedener Organisationen im Sommer-Bergsportbereich Experte in Sicherheitsfragen auf diesem Gebiet. In diesem Interview teilt er sein Fachwissen und gibt wertvolle Tipps zur Vorbereitung und Durchführung von Berg- und Alpinwanderungen.

Wer ist Rolf Sägesser?

Rolf Sägesser ist Bergführer, Erlebnispädagoge, J+S Experte sowie Kursleiter und Fachleiter Ausbildung Sommer beim Schweizer Alpen-Club SAC. Mit seiner langjährigen Erfahrung im alpinen Bereich und seiner Expertise in der Ausbildung von Berg- und Alpinwanderern wie auch Hochtouren ist er ein gefragter Ansprechpartner für Fragen zur Sicherheit in den Bergen.

 

Rolf Sägesser hat als Mitautor u.a. am Buch "Bergwandern / Alpinwandern - Planung / Technik / Sicherheit" mitgewirkt, das umfassende Informationen und praktische Tipps für Bergwanderungen bietet. Seine fundierten Kenntnisse und praktischen Ratschläge machen ihn zu einer vertrauenswürdigen Quelle für alle, die sich auf sichere und erlebnisreiche Berg- und Alpinwanderungen im Sommer vorbereiten möchten. 

 

 

Vorbereitung

Wie sollte man sich am besten auf eine Wanderung vorbereiten? 

Rolf Sägesser: Das Wichtigste ist eine ehrliche und objektive Selbsteinschätzung, um die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten zu vermeiden. Das Credo ist, mit "Reserve" und Spaß unterwegs zu sein, damit die Wanderung zu einem positiven Erlebnis wird. Für leichte Wanderungen genügt es, sich mit der Schwierigkeit und Dauer der Wanderung, den Wettervorhersagen und meiner Tagesform auseinanderzusetzen. Für anspruchsvollere Wanderungen bedarf es einer umfassenderen Tourenplanung, einer guten Fitness und Erfahrung, um Risiken zu beurteilen und zu reduzieren. 

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«Das Wichtigste ist eine ehrliche und objektive Selbsteinschätzung, um die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten zu vermeiden.»

Welche spezifischen Herausforderungen gibt es zu welchen Jahreszeiten? 

Jede Jahreszeit hat ihre typischen Herausforderungen, die es zu beachten gilt. 

 

Frühling: Besonders in höheren Lagen liegt oft noch (viel) Schnee, der die Wanderwege bedeckt oder grossflächig noch Schneefelder bildet. Insbesondere in steileren Schneefeldern besteht Absturzgefahr, oder bei Blockfeldern und Bachläufen Einsturzgefahr. Nach kalten Nächten ist der Schnee meist noch gefroren, was eine erhöhte Trittsicherheit und die Mitnahme eines Pickels erfordert. Meist ist es bei solchen Verhältnissen jedoch ratsam, das Begehen der Schneefelder zu vermeiden, ausser man bringt viel Erfahrung mit. Auch liegen vielfach (nach dem Wegschmelzen des Schnees) noch lose Steine im Gelände, womit insbesondere bei Regen Steinschlaggefahr besteht. Wegen der Schneeschmelze führen die Bäche oft viel Wasser und können gegebenenfalls nicht passierbar sein. 

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Sommer: Die Jahreszeit von Gewittern und hohen Temperaturen - auch in hohen Lagen. Gewitter können in den Bergen sehr schnell und heftig aufkommen und uns auf den Wanderungen überraschen. Neben der Intensität folgt nach dem Durchzug immer auch ein (starker) Temperatursturz. Nicht zu unterschätzen ist die Gefahr von hohen Temperaturen in den Bergen, da die UV-Strahlung um einiges höher als in tiefen Lagen ist und durch die körperliche Leistung auch ein Hitzschlag möglich ist. 

 

Herbst: Die ideale Saison für Wanderungen, denn oft ist das Wetter stabiler. Doch gilt es auch in dieser Saison Herausforderungen zu berücksichtigen. Die Tage werden merklich kürzer, womit für eine eventuelle Rettung bei Tageslicht weniger Zeit bleibt. In der Planung sollte man das berücksichtigen! In den Nächten können Temperaturen in höheren Lagen bereits unter Null sinken, wodurch der Boden oder Wasser gefriert. Gewisse Bäche können unter Umständen nicht mehr passiert werden, und auf harten, gefrorenen Böden besteht eine größere Ausrutschgefahr. Auch kann bereits etwas Neuschnee fallen, der vor allem in Schatthängen liegenbleibt. 

Ausrüstung

Welche Basisausrüstung empfehlen Sie für normale Wanderungen in den Bergen?

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Gibt es spezifische Ausrüstung für das Bergwandern oder mehrtägige Bergwanderung im Frühling / Sommer?

Zusätzlich zur Basisausrüstung empfehle ich: 

Kommunikation

Sollte man jemanden über seine Bergaktivität informieren? Wenn ja, wer und wie?

Grundsätzlich sollte man nicht alleine Wanderungen unternehmen. Wenn man es dennoch tut, sind Wanderungen vorzuziehen, die oft begangen werden. Zusätzlich ist es zu empfehlen, eine vertraute Person über die geplante Tour, die Dauer und die vorgesehene Rückkehr zu informieren. Je nach Umfang und Schwierigkeit der Tour ist es ratsam, auch dann zu informieren, wenn man zu zweit oder dritt unterwegs ist.

Tourenplanung

Wie plant man eine sichere Bergwanderung im Frühling / Sommer?

Man sollte folgende Punkte beachten: 

  • Eine ehrliche und objektive Selbsteinschätzung meiner Fähigkeiten (und gegebenenfalls der Teilnehmenden) bildet die Basis einer Tourenplanung. Es ist besser, zu defensiv als zu ambitioniert zu planen, damit die Wanderung zu einem positiven Erlebnis wird. 
     
  • Auswahl einer geeigneten Tour 
     
  • Sammeln von Informationen (Wetter, Verhältnisse, Ausgangs- und Endpunkt idealerweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Routenbeschreibung, zu erwartende Schwierigkeiten usw.) 
     
  • Wer kommt mit? (Fähigkeiten aller Teilnehmenden der Gruppe) 
     
  • Gibt es Schlüsselstellen? Können wir diese bei den aktuellen Verhältnissen meistern? Welche Maßnahmen sind erforderlich? 
     
  • Gibt es Varianten oder Alternativen? 
     
  • Ist die minimal notwendige Ausrüstung vorhanden? Ist technische Ausrüstung (z. B. ein Pickel) erforderlich? 
     
  • Erstellung oder Berechnung eines Zeitplans (Distanz, Höhenunterschied) oder Abholung von Informationen z. B. im SAC-Tourenportal.
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Auswirkungen der Klimaerwärmung auf Bergaktivitäten: Veränderungen in den Bedingungen und Herausforderungen

Allgemeine Auswirkungen

Wie hat sich Ihrer Meinung nach die Klimaerwärmung auf das Bergsteigen und andere Bergaktivitäten ausgewirkt? 

Wir erleben mehr Wetterextreme. Grosse Hitze, starke Niederschläge usw. Die Steinschlaggefahr hat generell zugenommen. Aber auch Dehydrierung und Folgen der Hitze sind auf Touren spürbar. 

 

Haben Sie Veränderungen in den Bedingungen oder Herausforderungen bemerkt? 

Die Bedingungen sind immer anders. Wichtig ist, diese frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln. 

 

Sicherheitsaspekte

Welche Sicherheitsaspekte sollten Bergsportler aufgrund der Klimaerwärmung besonders beachten?

Die Verhältnisse sollten Bergsportler nicht überraschen. Nach wie vor, gut vorbereitet zu sein, ist das Wichtigste.

Gibt es neue Risiken oder Gefahren, die durch die Veränderungen im Klima entstanden sind?

Es sind nicht unbedingt neue Risiken, die auftreten, eher sind die bekannten ausgeprägter oder zu ungewohnten Zeiten. 

 

Hat sich die empfohlene Ausrüstung aufgrund der Klimaveränderungen geändert? Wenn ja, wie? 

Nein.

 

Welche besonderen Vorkehrungen sollte man treffen, um sich an die veränderten Bedingungen anzupassen? 

Gute Planung.

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